Mitte Februar 2021.
Ich habe den Vertrag (meinen AUTOREN(!!!)vertrag) unterschrieben, ihn zurück an den Verlag geschickt und einen Abgabetermin für das Manuskript bekommen. Der nächste Schritt auf dem Weg zum ersten eigenen Buch also: „Manuskript fertigstellen“. Oder auch: „das eigentlich längst fertig geglaubte Manuskript zum achtundfünfzigsten Mal lesen, dabei alle drei Minuten völlig durchdrehen, weil das doch eh keinen interessiert und jeden einzelnen Satz so oft umformulieren, dass am Ende nichts mehr zusammenpasst“. Dinge, die ich im Rahmen dieses Prozesses gelernt habe: 1. Nein, Versagensängste und Selbstzweifel lassen nicht irgendwann nach. 2. Nein, der Moment, in dem man das Manuskript abschickt, ist nicht der, in dem man zufrieden damit ist. 3. Auch kein anderer Moment ist der Moment, in dem man zufrieden damit ist. 4. Ja, ein Glas Wein macht’s etwas besser – zumindest kurz. Zum Glück für meine geistige Gesundheit hatte ich das Manuskript im Vorfeld schon ein erstes Mal von meiner Freundin Claudia lektorieren lassen. Claudia ist immer sehr nett zu mir und hat sich Mühe gegeben, dies auch im Rahmen ihres Lektorats zu sein. In der E-Mail, mit der sie mir ihre Verbesserungsvorschläge geschickt hat, stand: „Lass dich von den umfangreichen Anmerkungen bitte auf keinen Fall abschrecken.“ 😳 Um es vorwegzunehmen: Claudia und ich sind immer noch befreundet. Ihre Anmerkungen waren nämlich nicht nur umfang-, sondern auch sehr hilfreich. Und hätten entsprechend dazu führen können, mich ein bisschen zu beruhigen. Hätten. Stattdessen ich so: #dasistdochallesmüll #okaynochmalganzvonvorne #miregalichschickdasjetztweg Allen nervlichen Zusammenbrüchen zum Trotz habe ich es aber tatsächlich geschafft, mein Manuskript pünktlich an den Verlag zu schicken – und damit in eine zweite Lektoratsrunde. Die fiel, auch und vor allem dank Claudia, erstaunlich wenig umfangreich aus. So wenig umfangreich, dass ich sicherheitshalber nochmal beim Verlag nachgehakt habe: „Kommt da noch was?“ Kam es nicht. Mein Manuskript war also fertig. Und ich erst. Gar nicht fertig hingegen war zu diesem Zeitpunkt: der Titel. Den nämlich, so musste ich lernen, bestimmt final nicht der Autor oder die Autorin, sondern in letzter Instanz der Verlag. Ergibt natürlich Sinn, denn im Gegensatz zu mir hat der Verlag eine gewisse Erfahrung in Sachen Buchvermarktung – und wenn's schon am Titel scheitert, hat da natürlich niemand was von. Dennoch habe ich eine ganze Weile gebraucht, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass mein Baby ... äh ... Buch nicht so heißen würde, wie ich es ursprünglich mal genannt hatte. Ich entschuldige mich an dieser Stelle in aller Form bei meiner Verlagslektorin, die die undankbare Aufgabe hatte, sich mit mir auf einen Titel einigen zu müssen. Um es vorsichtig zu formulieren, war ich da wohl eher ein bisschen anstrengend ... Lektorin: „Hier ein paar Vorschläge.“ Melissa: „Hier drölf Millionen Gegenvorschläge.“ Größter Diskussionspunkt war dabei ein ganz bestimmtes Wort: FISCHKÖPPE. Als Wahlhamburgerin weiß ich, dass Fischköppe per Definiton an der Ost- oder Nordsee aufgewachsen sein müssen. Bin ich aber nicht – sondern ganz im Gegenteil in Ostwestfalen, etwa 250 Kilometer von jeder Art von Küste entfernt. (Und außerdem finde ich den Begriff eh total doof.) Unser „Vorschläge-Gegenvorschläge“-Ping-Pong haben wir darum ein paar Runden und etwa zwei Wochen lang gespielt, bis es keine Fischköppe mehr gab und sowohl meine Lektorin als auch ich endlich happy waren: mit „Runter geht's immer schneller – Wie zwei Nordlichter das Wandern lernen.“ „… und ab 20.000 verkauften Exemplaren bekommst du dann ein bisschen mehr.” Nächster Zwischenstopp auf meinem Weg zum Buch: die Vertragsverhandlungen mit dem Verlag. Ohne an dieser Stelle näher auf konkrete Zahlen einzugehen: Reich wird man als Autorin nicht – nicht mal, wenn man tatsächlich mehr als 20.000 Exemplare verkauft und sich die Beteiligung am Nettoverkaufspreis so um ein Prozentpünktchen erhöht. Aber: Darum ging’s mir ja auch nie. (Ehrlich nicht!) Als ich Anfang des Jahres mit dem Verlag die Konditionen ausgehandelt habe, waren für mich ganz andere Fragen viel wichtiger:
Nach ein wenig Hin und Her war irgendwann alles geklärt, der Vertrag sollte angefertigt werden – und „in den nächsten Tagen” im Briefkasten liegen. Der Vertrag. Mein AUTORENVERTRAG. Das, was Autor*innen bekommen, wenn ein Verlag ihr Manuskript veröffentlicht. Ich wollt’s nur nochmal erwähnt haben. Was ich auch erwähnen muss: Gar nichts lag in den nächsten Tagen im Briefkasten. Corona, Home-Office, dies das – logische und nachvollziehbare Erklärungen für eine kleine Verzögerung auf Verlagsseite. In meinem Kopf sah das aber eher so aus: diehabengemerktdassdasniemandlesenwillundschickenmirkeinenvertragundmeldensichniewiederbeimirweilichebendochkeineautorinbinundjetzverkriecheichmichunterderdeckeundkommeniewiederrausheulschluchzseufz! Zwei Wochen lang war der Briefkasten für mich irgendwas zwischen Hoffnungsträger (bevor der Postbote da war) und Hassobjekt (nachdem der Postbote da war). Denn natürlich hatte ich längst der halben Welt von meinem Vertrag erzählt, den es noch gar nicht gab. Am Ende keinen zu bekommen, wäre also nicht nur sehr traurig, sondern auch ziemlich peinlich gewesen – und: meine ganz persönliche Apokalypse. Glücklicherweise ist diese mir aber erspart geblieben. Denn eines Tages war er da, der Vertrag – und hat aus dem Hoffnungsträgerhassobjekt Briefkasten doch noch einen Heilsbringer gemacht. Halleluja! Dann allerdings stellte sich mir gleich die nächste große Frage: Wie unterschreibt man denn so was? Da setze ich doch nicht einfach meinen Otto drunter und packe es wieder in einen Briefumschlag. Das muss zelebriert werden. Gut, dass ich eine sehr mitdenkende beste Freundin habe, die sich mit der angemessenen Gestaltung besonderer Momente bestens auskennt – und mir darum für genau diesen Anlass einen wunderschönen Montblanc-Kugelschreiber geschenkt hat. (Danke, Catrin! 🖌🎈)
„Ich weiß noch”, sagte Oma, als ich sie Anfang des Jahres aufgeregt anrief, um ihr zu erzählen, was gerade passiert war, „wie du schon als Kind unbedingt ein Buch schreiben wolltest.“
Tatsächlich konnte ich mich selbst nicht daran erinnern, schenkte Omas Behauptung aber gerne Glauben. Immerhin war ich so gerade dabei, mir einen Kindheitstraum zu erfüllen: mit der Veröffentlichung meines erstens Buches. Und das nicht im Self Publishing, sondern bei einem Verlag, also so richtig in echt. Schreiben ist für mich tatsächlich nichts ganz Neues. Seit immerhin knapp 20 Jahren verdiene ich mein Geld als Texterin. All die konsumanregenden Sätze und Satzfragmente, die in dieser Zeit mein Hirn verlassen haben, dürften deutlich mehr als nur ein Buch füllen. „Bitte kaufen – Band 1 bis 97“ hätte allerdings wohl kaum Chancen auf interessierte Leser. Aber zurück zum Anfang. Es gibt also ein Buch. Und worum geht's da? Um mich. Und meinen Freund. Vor allem aber ums Wandern. Denn das haben wir, als Großstadtkinder mit Lust auf Natur, in den letzten Jahren irgendwie für uns entdeckt. Was wir dabei erleben durften, habe ich aufgeschrieben. Wandern ist nämlich gar nicht immer nur eine großartige Reise zu sich selbst oder der Pfad zurück zur Ursprünglichkeit, sondern manchmal einfach ziemlich unterhaltsam. Dann jedenfalls, wenn man (wie wir) keine Ahnung davon hat. Nach und nach kamen immer mehr kleine Wandergeschichten dazu – und gefielen mir irgendwann gut genug, um zu beschließen: „Das soll nicht in die Schublade, das will ich veröffentlichen.“ Also habe ich ein Exposé geschrieben, es illustrieren und zusammen mit dem fertigen Manuskript von einer Freundin lektorieren lassen. Wichtige Erkenntnis aus diesem Prozess: Fertige Manuskripte sind nicht fertig. Egal, wie viele Stunden, Tage, Wochen und Monate du schon an ihnen gearbeitet und wie oft du sie gelesen hast. Sie kommen aus dem Lektorat zurück und wollen weitere Stunden, Tage, Wochen und Monate von dir. Danke, Corona-Lockdowns und -Einschränkungen, dass ich meinem Manuskript all das geben konnte ... Denn so kam er irgendwann, dieser magische Moment, in dem ich bereit war, das Exposé an Verlage und Literaturagenturen zu schicken – oder auch: schicken zu lassen. Ein guter Freund hatte mal mit einem Verlag in München zusammengearbeitet und bot mir an: „Wenn Du willst, maile ich das der Frau, mit der ich da zu tun hatte. Kann aber nix versprechen.“ Dabei hätte er das durchaus gekonnt: Am 12. Januar 2021 bekam ich die vielleicht schönste E-Mail meines bisherigen Lebens. Darin schrieb mir besagte Frau, mein Buchprojekt – ich zitiere – „könnte durchaus eine größere Leserschaft finden“. Der Verlag war also interessiert! An. Meinem. Manuskript! Und ich so? Hüpfen, hyperventilieren, „Hat sie das wirklich geschrieben?“ – und, na klar: erstmal Oma anrufen! Übrigens: Natürlich ist auch das hier irgendwie Werbung. Für „Runter geht’s immer schneller“, das am 13. Juli endlich, endlich erscheint. Und für Teil 2 von meinem Weg zum Buch. Den gibt's bald hier. |